Stadtwanderung Tallinn in Estland: Und wo geht es hier ins Mittelalter?
Stadtwanderung Tallinn in Estland: Und wo geht es hier ins Mittelalter?

Stadtwanderung Tallinn in Estland: Und wo geht es hier ins Mittelalter?

Schon ein Rundgang durchs Zimmer macht dich klüger als den, der nur dasitzt.

– estländisches Sprichwort

Müde, müde, sprach die Rübe. Gestern zu spät ins Bett und es fehlt eine nächtliche Stunde wegen der Zeitumstellung auf den Weg nach Tallinn. Früh am Morgen mache ich mich nach einem kleinen Frühstück auf den Weg in die Unterstadt Tallinns, wo ich meine heutige kurze Rundtour starte. Tallinn ist klein, überschaubar, gut an einem Tag zu erkunden und wunderschön. Historisch, altmodisch, eine kleine Märchenstadt mit Burgmauer, verwunschenen Gassen, alten Häusern – und absolut modern. Angeblich muss man hier nur noch zu drei Dingen auf das Amt: Hochzeit, Scheidung – den dritten Grund habe ich leider vergessen – alles andere läuft hier digital. Außerhalb des Stadtzentrums mischen sich Glasbauten in das alte Stadtbild. Aber geht man durch das Stadtmauertor, beginnt die Zauberei.

Tallinn an einem Tag

Heute lasse ich mich treiben. Der ganze Tag liegt vor mir und dazu die besterhaltene mittelalterliche Altstadt Nordeuropas, die Vanalinn, gebaut im 13. und 14. Jahrhundert. Durch das alte Stadttor an der dicken Margarete vorbei betrete ich die Unterstadt All-Linn (Unterstadt) und begegne schnell den drei Schwestern, die nicht plappernd durch die Gassen laufen, sondern als Handels- und Speicherhäuser über die Jahrhunderte die Geschichten der Stadt erleben. Man erzählt sich, dass ein Kaufmann diese Häuser für seine drei Töchter bauen ließ, später wohnten darin Gildemeister und Stadträte. Heute befindet sich darin ein Hotel.

Das Wetter ist gut und die Altstadt brummt vor Touristen, die in Gruppen geführt werden. Ich schlendere lieber alleine weiter und erreiche schnell die alte tallinner Rathsapotheke (Tallina Raeaptek) am Rathausplatz, die auch heute noch Medikamente verkauft. Wer in Stöberlaune ist, kann statt nach links in den Eingang der Apotheke auch durch die Tür gradeaus gehen und findet sich in einem kleinen Antiquitätenladen.

Von 1582 bis 1911 wurde die Apotheker von der Familie Johann Burchart betrieben. Der jeweils erstgeborene Sohn wurde auf den Namen Johann getauft und erbte die Apotheke, in der neben Arzneien auch Süßigkeiten, Gewürze, Spielkarten und Tabak verkauft wurden. Als besonderes Privileg durfte die Familie Burchart jährlich 400 Liter Cognac aus Frankreich steuerfrei einführen. Ob dieser nur als Medikament eingesetzt wurde, bleibt eine offene Frage… Beendet wurde die Familientradition nach 325 Jahren, als die Apotheke nach dem Tod Johann Burcharts (X.) von seiner Schwester verkauft wurde.

Vanalinn hat einen hochgelegenen Teil, den Domberg (estnisch Toompea), und einen tieferliegenden Teil (estnisch All-linn, deutsch Unterstadt, das eigentliche Reval). Beide Teile waren jahrhundertelang getrennte Verwaltungseinheiten. Sie wurden erst 1878 unter eine Verwaltung vereinigt. – Diese Info gibt es auf https://de.wikipedia.org/wiki/Vanalinn – Stand 05.12.2021

Auf dem Rathausplatz kann man wunderbar verweilen, aber ich will – treppauf – treppab, in die Oberstadt. Ober- und Unterstadt sind durch eine Mauer getrennt und werden durch zwei Straßen, die Lühike jalg („Kurzes Bein“) und Pikk jalg („langes Bein“) miteinander verbunden. Als Fußgänger kann man aber auch eine der vielen Treppen nehmen, die zur Oberstadt hinaufführen. Die Blase drückt, und bevor ich das kleine Toilettenhäuschen hinter der Verteidgungsanlage Kiek in de Kök finde, bin ich schon im Museum drin – manchmal braucht man den Luxus einer Museumstoilette.

Die Wallanlage trägt den Namen „Kiek in de Kök“ , weil man vom Turm aus direkt in die Küchen der Stadtbürger schauen konnte.

Hinter der Verteidigungsanlage liegt die russisch-orthodoxe Alexander Nevsky Kathedrale, die einen ein kleines bisschen nach St. Petersburg entführt. Die Kathedrale kann von innen besichtigt werden. Ich komme an der Gildenhalle der Damen vorbei, wo die Künstlerinnen des Handwerks sich auf Gemälden präsentieren. Und mir gefällt dieser historische Schick, den die Gemälde schaffen.

Überall gibt es kleine und große Dinge zu entdecken, in den kleinen Geschäften in den Gewölbekellern unter den Häusern, auf den Bodenplatten in einer kleinen Gasse, die von der Geschichte Estlands berichten, oder oben auf den Aussichtsplattformen in der Oberstadt, von denen der Blick weit über Tallinn schweifen kann.

Ich shoppe ein wenig Souvenirs – ein gemaltes Bild von Tallinn landet für meine häusliche Reisegallerie im Rucksack , und stöbere noch ein wenig durch die Unterstadt und das Olde Hus, in dem man mittelalterlich speisen und shoppen kann.

GPX-Infos

Route: Tallinn an einem Tag //Estland // ****
Streckenlänge: 9,57km
Aufstieg: 50 m
Abstieg: 60 m
GPX-Track der Tour und Profil unter: https://www.komoot.de/tour/591595025
Dieser Track wurde nicht bereinigt. Nutzung des Tracks auf eigenes Risiko – beachte immer die Anforderungen der Strecke vor Ort! Tatsächlich entspricht der Track auch zugegeben nicht mehr ganz der Strecke, die ich gelaufen bin. Irgendwann bin ich abgewichen, habe hier gestöbert und da geguckt, so dass der tatsächliche Track viel wuseliger geworden ist. Und bis zum Strand bin ich dann gar nicht mehr gekommen.

Infos zur Tour

Anforderungsprofil:
Die Strecke ist für Wanderanfänger sehr gut geeignet. Sie führt einmal quer durch Tallinns Unterstand und Oberstadt und deckt viele Sehenswürdigkeiten einschließlich der Festungsanlage Kiek in de Kök ab. Zum Ausgangspunkt der Strecke gelangt man durch das große Stadttor, die Tour startet bei den Drei Schwestern. Tallinn ist überschaubar und lädt sehr dazu ein, die Innenstadt auch ohne Streckenkarte zu entdecken.

Ausgangspunkt: Mein Ausgangspunkt was das Kreuzfahrtterminal, von diesem ist man in ca. 15 Minuten Fußweg (sehr gut ausgeschildert!) in der Unterstadt.

Bewertung der Strecke: Keine klassische „Wanderstrecke“, hier ist Stadtbesichtigung angesagt und dementsprechend gibt es ausschließlich Asphalt, dafür aber viele Cafés und Restaurants, die zum Verweilen einladen – im Sommer sicher noch mehr als im kühlen Oktober.

Corona: Zum Zeitpunkt meines Besuches Anfang Oktober war von Corona kaum etwas zu spüren. Es galten gängige Regeln (Maske).

Meine Bewertung:

Bewertung: 4 von 5.

Ein Kommentar

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