Kurzurlaub in Hindeloopen – nur Surfen war nix.
Kurzurlaub in Hindeloopen – nur Surfen war nix.

Kurzurlaub in Hindeloopen – nur Surfen war nix.

Zum Surfen braucht man Wind. Aber nicht zu viel.

von Tante Reisefieber – die noch surfen lernen muss

Nach 100km/h und drei guten Stunden komme ich entspannt in Hindeloopen an. IJsselmeer. Nordsee – kenne ich, Ostsee – kenne ich. Aber was ist ein IJsselmeer? Stellt sich raus: Ist gar kein Meer. Eher eine Verlängerung der Nordsee, eine Riesenbucht an der niederländischen Küste. Superflach, nicht gezeitengeplagt und nahe am Ruhrgebiet. Das perfekte Wind- und Kitesurfgebiet für jeden aus NRW – so wurde mir gesagt.

Ich brauche dringend eine Auszeit, am besten am Meer. Meine Bekannte auch. Sie windsurft seit …mindestens Ewigkeit. Ich nicht. Bis jetzt nicht. Sie meinte, man kann das schnell lernen. Zwei Beine, Stehen, eine Prise Gleichgewicht, so in etwa. Also habe ich ja gesagt. Und mache mich jetzt auf, mich zum ersten Mal auf ein Windsurfbrett zu stellen…überhaupt auf ein auf dem Wasser schwimmendes Brett.

Hindeloopen – Zeitreise ins Leben der Friesen

Hindeloopen ist eine kleine niederländische Stadt im Südwesten der Provinz Friesland in den Niederlanden direkt am Ijsselmeer. 2017 hatte Hindeloopen 875 Einwohner. Gegründet wurde die Stadt im 13. Jahrhundert und war im 18. Jahrhundert internationales Handelszentrum. Die ganze Stadt ist eine kleine Zeitreise: Durch enge Gassen spaziere ich über kleine Brücken, an Friesenhäuschen vorbei, bis hin zur Grote Kerk von 1632, der großen Kirche im Dorfzentrum.

Die Kirche ist geöffnet, man kann einfach eintreten und sich eine ruhige Minute nehmen. Um die Kirche herum ist ein kleiner Friedhof. Ein paar letzte Sommerblumen nicken im Wind, über den Deich zieht schon die Kühle.

Ich wandere ein Stück auf dem Deich entlang. In der Ferne drehen sich die Windräder, in der Nähe ziehen die Kitesufer ihre Bahnen. Es fliegt noch ein bisschen Wolle auf dem Deich herum, von der letzten Schur; aber die Schafe sind schon wieder mollig eingepackt. Nach einer Runde Schafkraulen (was muss, das muss) spaziere ich zur Ferienwohnung.

Sehenswürdigkeiten in Hindeloopen

Windig ist es heute! So windig, dass der Surfkurs nicht stattfindet. Keiner will Anfänger sehen, die unkontrolliert im Wasser blubbern oder über den Deich fliegen. Die Surfschule sagt ab – ich brauche ein Alternativprogramm. Was liegt näher, als eine Runde „Sightseeing in Hindeloopen“?

Es ist Ende der Saision, nur noch wenige Besucher sind jetzt unter der Woche im Ort. Ich schlendere durch die ziemlich leeren, ziemlich windigen Gassen. Eigentlich muss zuerst ein gutes Frühstück her. Pfannkuchen!

Eerste Friese Schaatsmuseum

Hindeloopen ist eine Etappe der Elfstedenstocht – einem Eislaufevent, bei dem alle elf friesischen Städte per Schlittschuh angefahren werden. Historisch war dieses für viele Menschen eine Möglichkeit, lange Strecken auch ohne Pferd zurückzulegen. Heute ist es ein Spektakel, auf das die Niederländer warten, denn seit 1909 konnte der Lauf erst 15 Mal stattfinden. Wenn die Grachten grad nicht zugefroren sind, kann man im Eerste Friese Schaatsmuseum mehr über diese besondere Eislaufgeschichte erfahren. Der Eintritt ins Museum kostet aktuell 5,-€. Infos zum Museum gibt es unter https://schaatsmuseum.nl/ . Das Museum ist leider noch nicht barrierefrei.

Im Eingang des Museums ist ein kleiner Souvenirladen, in dem allerlei Dekoratives, bemalt mit Hindelooper Blumenmalerei zum Verkauf angeboten wird. Auch alte Schlittschuhe zum Unterschnallen, kleine Möbel und – unbedingt die Seitentreppe in die zweite Etage nehmen, wenn man ein Eintrittsticket hat – viel schönen Kram und Tand, alte Dosen, alte Backformen, Antiktrödel. Himmlisch, wenn man gerne stöbert! Es riecht nach „alt“ und irgendwie machen die vielen alten Möbel es heimelig.

Zu sehen gibt es im Museum vor allem eines: Schlittschuhe. Jede Form, jedes Material von Knochen, Holz bis zu Metall. Dazu sehr viele Fotos und Infos (leider nur auf Niederländisch) zu den Eisläufern der Region. Mit lebensgroßen Puppen sind Szenen nachgebaut: Menschen, die eislaufen; eine Werkstatt für Schlittschuhe mit Schreinerei, Schleiferei, Lederbearbeitung. Etwas stutzig ich dann doch bei dem unter Glasglocke ausgestellten Zehnagel eines ehemaligen Eisläufers. Kein Museum ohne Kuriosität, so sagt man doch.

Museum Hindeloopen

Hindeloopen hat ein eigenes kleines Heimatmuseum, im Internet zu finden unter http://museumhindeloopen.nl . Das Museum ist von April bis einschließlich November geöffnet, der Zugang ist leider noch nicht barrierefrei. Der Eintritt beträgt für Erwachsene 6,-€.

Eintauchen in die friesische Vergangenheit geht in Hindeloopen dank der sehr aktiven Heimatvereinstätigen wunderbar. Leider finden zu meinem Besuch keine Aktivitäten der Mitglieder statt, bei denen sie in Tracht auftreten. So bleibt mir nur, die wunderbaren, bunten Kleider aus indischer bedruckter Baumwolle im Museum zu bewundern. Überhaupt mögen die Hindelooper es historisch prunkvoll, und das mit einfachsten Mitteln. Die Ausstellungsräume und nachgebildeten Wohnzimmer im Museum strotzen nur so vor Blumenmalerei , wo ich auch hinschaue: Wände, Möbel, Keramikflliesen, Kleidung, Dekorationen – alles ist mit floralen Mustern bemalt.

Wer ins Museum geht, muss auch essen. Im Urlaub sowieso. Also rüber an die Hafenkante. An der Hafenkade 5 gibt es eine heiße Portion Kibbeling (frittierter Fisch) mit Pommes, nur nicht lange, denn innerhalb von 10 Minuten ist die Portion verputzt, während ich den Yachten winke, die in den Hafen aus- und einfahren.

Wer etwas weiter im Umkreis schauen möchte, kann sich den Afsluitdijk, den Deich, der Ijsselmeer und Nordsee trennt, ansehen, oder nach Leeuwarden, in die historische Hauptstadt der Provinz Friesland, fahren. Oder …

Zur Vogelaussichtsplattform

Die Vogelaussichtsplattform liegt fußläufig vom Hindelooper Zentrum entfernt und ist nicht zu verfehlen. Vom Stadtzentrum aus läuft man herrlich über den Deich Richtung Campingplatz und kann dabei den Surfern zusehen. Ich bleibe noch etwas bei den Schafen stehen – Schafkraulen ist sehr beruhigend!

Leider ist aktuell ab Höhe Campingplatz der Deich gesperrt, denn EuroParcs baut dort eine neue Campinganlage. Ich bin kein Freund von Asphalt, aber anders geht es grade nicht. Bis zur Vogelwarte Vogelkijkhut Molkwerum sind es jetzt noch 2,7km, die am Straßenrand entlangführen. Danach führt ein kleiner, ausgeschilderter Pfad durch das Schilf zu einer gut ausgebauten Beobachtungshütte mit Fernglas, Bänken und perfektem Blick auf die Vogelbank – für alle Ornithologen und Hobbyvogelbeobachter ein toller Ort. Bei bestem Wetter kommt ein bisschen Karibikflair auf. Ich halte mich nur kurz auf und laufe dann die 2,7km bis zum nächsten Deichaufgang wieder Richtung Hindeloopen zurück. Tja nu.

Alternativprogramm Workum

Am Nachmittag fahre ich mit dem Auto nach Workum. Besser wäre das Rad, dieses fehlt mir aber. Alternativ würden auch hier Schlittschuhe gehen.

Tipp für Hindelooper Selbstversorger: Einen Minisupermarkt gibt es in Hindeloopen, aber wer richtig einkaufen will, kann dieses hervorragend in Workum bei Poiesz und Aldi tun – zumal sich der kostenlose Parkplatz perfekt als Ausgangspunkt zur Stadterkundung anbietet

Kulturell-künstlerische Bildung verspricht das Jopie Huismann Museum, in dem Werke des niederländischen Malers ausgestellt sind. Ich halte mich lieber an die wichtige Aufgabe des Sourvenir-Shoppings für die liebe Verwandschaft und erstehe statt Käse bei Kaasmakerij De Nylander in einem kleinen Laden Ernussbutter in den schrägsten Variationen; nur die Knoblauchvariante kommt nicht mit. Am kleinen Hafen in Workum an den wasserspeienden Löwen 11fountains vorbei gelangt man in das Altstadtzentrum, wo es am Kirchplatz einige Restaurants gibt. Auch Workum hat einen Campingplatz und – anders als Hindeloopen – einen etwas breiteren Sandstrand.

Der Sandstrand ist zu finden unter Suderséleane 29, 8711 GX Workum. Achtung: Der Strand ist als hundefrei ausgewiesen, Hunde sind nicht erlaubt.

Sonnenuntergänge gibt es auch in Hindeloopen, und so beschließe ich den Tag mit Muschel- und Treibholzsammeln am Hindelooper Deich und verkrümel mich in mein kleines Deichhaus, als die Sonne weg und die Kälte da ist.

Auf nach Hause, aber noch nicht ganz

Am letzten Morgen habe ich noch nicht so recht Lust, nach Hause zu fahren und stöbere durch Google Maps nach einem interessanten Ziel für den Heimweg. Die Orchideeën Hoeve in Luttelgeest sind kein Umweg! Entstanden aus einer Orchideenzucht sind hier aus einfachen Gewächshäusern die reinsten Tropen mit Pflanzen und Tieren geworden – defintiv ein neuer Lieblingsort.

Ich verbringe einige Stunden in den Tropenhäusern, beobachte Schmetterlinge, die auf meiner Hand landen, Ermännchen, die in meine Hand beißen (autsch, dabei war ich ganz friedlich), Kois, die sich streicheln lassen und adoptiere eine Bananenpflanze, die irgendwie im Gartencenter im Ausgangsbereich in meiner Hand …besser in meinem Arm landet. Gesurft bin ich nicht, denn bis zum letzten Tag ist viel zu viel Wind. Der Plan wird aufgeschoben. Schön war es trotzdem und ich fahre nicht nur mit vielen Eindrücken, sondern auch mit einem Auto voller Pflanzen nach Hause. Die Banane sitzt hinten. Angeschnallt.

Die https://www.orchideeenhoeve.de/ sind (teilweise) barrierefrei. Draußen gibt es einen großen kostenlosen Parkplatz vor dem Hauptgebäude. Alle Bereiche / Häuser sind mit einem Rollstuhl und Kinderwagen zugänglich. Für Kinder gibt es am Ende des großen Rundwegs einen schönen Indoorspielplatz. Es gibt verschiedene Restaurant / Snackbereiche, in den Tropenhäusern selbst darf nicht gegessen werden. Ich habe für den kompletten Durchgang gut 4 Stunden gebraucht, einschließlich Pflanzenshopping und ohne Restaurantbesuch; bin aber auch an jeder Pflanze stehen- und sitzengeblieben. Der Eintritt für Erwachsene kostet als Tageskarte 16,- €.

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