Der Plan macht Sinn. Ich bin gut vorbereitet, habe schon Wochen vorher angefangen, auszumisten. Ich liege gut in der Zeit. Die neue Wohnung wird in Windeseile renoviert, am Donnerstag kommt das Umzugsunternehmen. Am Donnerstag ziehe ich in die neue Wohnung, abends hole ich die Katzen aus der alten in die neue Wohnung dazu. Soweit der Plan.
Der Umzugsblues ist nicht eingeplant.
Du und ich, wir wandern. Und immer geht’s irgendwo hin. Das Autoradio dudelt, Nena singt vom Gehen, vom Erinnern. Wie passend.
In meiner Nochwohnung angekommen, sitze ich auf meiner Sperrmüllmatratze und überlege, was ich so tun könnte, mit all der Müdigkeit des letzten Tages. Lange hatte ich diese Situation nicht mehr. Alleine auf der Matratze auf dem Boden, in einer leergeräumten Wohnung. Alles grade etwas einsam hier. Ein Freund lädt mich zu sich und seiner Familie zu einer letzten Übernachtung hier in Mülheim ein. Ich schlage aus. Nach dem Tag bin ich völlig kaputt, kann keinen Smalltalk und will auch nicht. Außerdem brauche ich grade Katzenschnurren für die Seele.
Improvisationstheater. Die Tasse steht verlassen in der leeren Küche. Und darum habe ich (fast) immer Teebeutel in meinem Rucksack: Heißwarmes Wasser bietet der Badezimmerbeuler. Und Duschen geht auch. Schlafklamotten? Fehlanzeige. Der Renovierungsmuff im T-Shirt wird mich dann wohl durch die Nacht begleiten. Ebenso wie die Spinnen Hilda und Freda, die die gesamte Umräumaktion mit stoischster Ruhe beobachtet haben. Aus den Winkeln des Raumes (haben Spinnen Augenwinkel?). Außerdem die beiden Katzenkater. Alles doch keine so schleche Gesellschaft hier. Romantischer wirds nicht. Zwar steht neben meinen Schlafprovisorium eine Kiste mit gefüllten Dochtlampen, aber Feuer brauchts da schon – hab ich nicht.
Stattdessen denke ich in Delikatesssphären. Auf dem Bord stehen noch Ketchup, Brot und Sojasoße. Dazu gefriergetrocknete Lachsstücke aus der Dose von den Katzen. Erdbeermarmelade, Schokoerdnüsse und Laritzbonbons. Letztere passen und reichen dann doch.
Mit leiser Musikalität blase ich ein wenig Trübsal.
Nach einigen Umzügen war ich in Mülheim richtig Zuhause. Ich mag die Stadt, die Landschaft, die Leute und die Freude. Ich bin sehr traurig darüber, dass all dieses jetzt zu Ende ist. Neues kommt. Unsere Erinnerungen sollen nie im Weg stehn. Wir lassen sie gehen.
Wandern, von einem Ort zum andern. Wo wir sein könn‘, wer wird sind. Wo grad alles wieder stimmt.
Hallo meine liebe,
ich kenne das mit den vielen Umzügen nur zu gut! Früher hat es mir nichts ausgemacht, heute mag ich lieber an einem Ort bleiben. Irgendwann ist man erschöpft, irgendwann reicht es.
Ich hoffe, du wirst dich gut einleben. Am Ende machen die Seelen, die mit einem wohnen, das Zuhause aus, ob das nun die Menschen sind oder die Haustiere, die auf einen warten, wenn man nach Hause kommt. Es sind Kleinigkeiten wie die Tasse, die man von einer Freundin bekommen hat oder die seit Ewigkeiten vorhandene Kuscheldecke. Das eine habe ich bei den vielen Umzügen gelernt: das, was man als „Zuhause“ empfindet, das nimmt man in der Regel immer mit sich mit 😉
In diesem Sinne wünsche ich dir alles Gute und dass du dich schnell wieder wohl fühlst.
Liebe Grüße
Kasia
Liebe Kasia,
danke für deine lieben Wünsche! Es stimmt absolut, was du über die „Kleinigkeiten“ sagst und dass man vieles vone einem Zuhause darin und in sich selber findet. Inzwischen ist etwas Zeit vergangen und die Wohnung ist wohnlich, ich habe mir ein paar kleine Wünsche erfüllt und freue mich auf den Frühling, wenn die Dachterrasse gemacht wird. Ich hoffe, du kommst weiterhin gut durch diese trubelige Zeit. Immer wieder landen deine wunderbaren Posts in meinem Briefkasten, aber bisher bin ich kaum zum Lesen gekommen. Du bist so fleissig!
Pass gut auf dich auf 🙂
Liebe Sandra,
so fleißig auch wieder nicht 😉 den ganzen Dezember über hatte ich kaum die Muße, überhaupt mal auf den Blog zu schauen. Deshalb verstehe ich dich da vollkommen! Du hattest, vor allem in der Anfangszeit, so vieles, um was man sich kümmern musste. Umzug, neuer Ort, Eingewöhnung… Es ist normal, dass man da nicht so zum Schreiben oder zum Lesen kommt, würde mir genauso gehen.
Schön, dass du dich inzwischen eingelebt hast. Dachterrasse, oh ja, das wird sicher toll. Richte dir eine grüne Oase ein, dann noch ein gutes Buch… und schon ist ein Lockdown nur noch halb so schlimm…
Liebe Grüße
Kasia
Benjamin Franklin hat einmal gesagt „dreimal umziehen ist wie einmal abgebrannt“, insofern dürfte ja so viel an Mobilar nicht mehr vorhanden sein…, wenn nicht ordentlich wieder angeschafft wurde…und man dem Zitat folgt….
Aber das wäre wohl ein wenig zu kurz gedacht. Man verlässt eine vertraute Umgebung und rückt vielleicht auch etwas weiter von Freunden oder Verwandten in der Umgebung ab. Man braucht nicht zwischen den Zeilen zu lesen, dass du dich dort wohl gefühlt hast, und die Traurigkeit über den Abschied ist fühlbar. Eine Umarmung trotz „Muff“ und eine sanfte Massage von Hals und Schulterbereich könnten die körperliche Erschöpfung lindern, aber die Gedanken….?
Nein, ich möchte nicht mehr umziehen, es wäre, glaube ich, auch nicht möglich. Ich müsste gefühlt drei Jahre entstauben und einpacken und würde zwischendurch wieder alles auspacken…
Also besser sparen und mehrere „Homedepot’s“ anlegen, damit man hoppen kann….. ;o))
Alles Gute in der neuen Wohnung
Reinbert