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„Alles, was der Mensch den Tieren antut, kommt auf den Menschen wieder zurück.“
(Pythagoras, antiker griechischer Philosoph, um 570 v. Chr. – nach 510 v. Chr.)
Kennst du diese Situation? Du bist grade irgendwo unterwegs, auf einem Tagesausflug, auf einer langen Reise, oder einfach nur auf dem Weg nach Hause, und kommst an einem verletzten Wildtier vorbei. Viele Menschen gehen oft vorbei – sicher aus den verschiedensten Gründen. Bei mir tut sich, sobald ich ein verletztes Wildtier finde, immer direkt ein ganzer Fragenkatalog auf, denn fest steht, ich würde gerne helfen, bin mir aber oftmals nicht sicher, wie ich es kann.
Nehme ich das Tier mit oder nicht? Und wo bringe ich es hin? Muss ich mich danach darum kümmern? Wen kann ich ansprechen, wenn ich eigentlich grade keine Zeit habe (ein Flugzeug wartet nicht, bis die Taube gerettet ist) oder wenn ich keine Transportmöglichkeit habe? Und ja, ich bin zwiegespalten zwischen irgendwie helfen oder (mit schlechtem Gewissen) weitergehen. Oft stehe ich ziemlich ratlos da – und das Tier tut mir nur noch leid.
Die Waldhummel, die total erschöpft auf einem alten, glitzernden Plastikballon rumgekrabbelt ist, konnte ich auf der Hand nach Hause tragen, und sie mit Zuckerwasser füttern. Kranke Igel, die mir unterwegs begegnen, sammel ich ein, ebenso wie andere verletzte Wildtiere, und fahre sie zur Tierklinik, wenn ich bei mir Zuhause bin. Aber unterwegs?
Verletztes Wildtier in Deutschland
Es gibt einige Möglichkeiten, einem verletzten Wildtier zu helfen, wenn du grade irgendwo in Deutschland unterwegs bist:
Wichtig: Nur verwaiste Jungtiere, verletzte oder kranke Tiere sind wirklich hilfsbedürftig. Tiere beobachten! Grade Jungtiere sind oft nicht verwaist, sondern die Alttiere sind nur auf Nahrungssuche und kommen wieder. Wildtiere dürfen ohne solch einen gewichtigen Grund nicht aus ihrer Umgebung entnommen werden!
Es ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verboten, Tiere besonders geschützter Arten aus der Natur zu entnehmen. Dieses schließt Igel, Eichhörnchen und Vögel mit ein. Man darf aber nach Paragraph 45 (5) BNatSchG vorübergehend kranke oder verletzte Tiere aufnehmen, um sie gesund zu pflegen. Wenn man dem Tier nicht direkt und schnell helfen kann (z.B. indem man es z.B. befreit, wenn es irgendwo eingesperrt ist), kann man sich im Notfall an folgende Ansprechpartner wenden:
- Tierschutzverein: Oftmals haben Tierschutzvereine eine Notrufhotline. Auch wenn sie selber kein Tier aufnehmen können, können sie Kontaktadressen in der näheren Umgebung nennen. Ein Verzeichnis aller Tierschutzvereine findest du hier: https://www.tierschutzbund.de/organisation/ueber-uns/tierschutzvereine/
- Wenn du durch die Rettung des Wildtieres selber in Gefahr geraten oder verletzt werden könntest, solltest du die Feuerwehr oder Polizei zur Rettung hinzuziehen (z.B. wenn ein Höckerschwan im See festgefroren ist), ebenso, wenn es sich um ein größeres Tier (z.B. ein Reh oder ein Wildschwein) handelt
- Wenn du Zeit und eine Transportmöglichkeit hast, kannst du das Tier zu einem Tierarzt bringen. Dieser hat eine Notfall-Behandlungspflicht, nach der Erste-Hilfe-Maßnahmen ergriffen werden. Eine darüber hinausgehende Behandlung kann der Tierarzt aber ablehnen, bzw. kann es sein, dass dir eine Rechnung gestellt wird.
Notfallset im Auto
Wer für eine Wildtierrettung unterwegs mit dem Auto gerüstet sein will, kann sich ein Notfallset mit folgenden Dingen ins Auto packen:
- Kiste aus Pappe oder Plastik (ich bewahre darin meist anderen Kram im Auto auf – so hat sie doppelte Funktion)
- eine alte Decke
- ggf. ein Fangnetz
- Handschuhe
- Wichtige Adressen deiner Umgebung (Tierklinik, Auffangstationen, Tierheim, Wildstation)
Verletztes Wildtier im Ausland
Dieses ist der für mich schwierige Teil: Oftmals kennt man die Rechtslage, die tiermedizinische Versorgung und die örtlichen Gegebenheiten nicht, um schnell zu helfen. Ich bin dann immer sehr froh, wenn Einheimische die Rettung übernehmen, z.B. die Versorgung von Wildmöwen am Strand.
Grade im Ausland stehe ich als Reisende oft vor dem Problem, doch irgendwie gebunden zu sein: Gebunden an Terminvorgaben meiner Transportmittel, gebunden an meine Unterkunft (keine Tiere im Hostel…) und zeitlich gebunden, wenn ich nach drei Tagen wieder abreise.
- Bitte Einheimische um Hilfe. Oftmals kennen sie die Gegebenheiten vor Ort, und manchmal auch, ob das Tier tatsächlich Hilfe braucht, oder ob es z.B. für die Jungtiere dieser Art normal ist, sich so zu verhalten.
- Rufe den nächsten Tierarzt an und erkundige dich nach Hilfsmöglichkeiten (und Kosten, solltest du das Tier zu ihm bringen)
- Erkundige dich bei einer Tierschutzorganisation des Landes nach Ansprechpartnern: https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_animal_welfare_organizations
Thema Selfies: Selfies sind toll. Und bunt. Und schön. Nur meistens nicht für das Wildtier. Denn das wird dabei verletzt, stirbt oder fristet ein furchtbares Dasein in Ketten oder ruhiggestellt unter Drogen. Meist bleibt es bei einem Foto für den Einzelnen, das Tier aber wird rumgereicht, weitergegeben und gezwungen. Bis zum bitteren Ende, bis der Seestern ausgetrocknet, der Hai erstickt und das Deflinbaby von der Mutter getrennt ist. Bitte fotografiere Tiere nur aus Distanz, ohne sie zu berühren. Und wenn das Tier dich berührt, dann aus Freiwilligkeit, weil es auf dich zugekommen ist, und weil es die Möglichkeit hat, jederzeit wieder zu gehen. Das Bild, was aus diesem Zutrauen entsteht, wird viel berührender sein, als jedes Massenselfie.
Nicht helfen
…ist eigentlich keine Option. Manchmal ist es aber die einzige Möglichkeit, die einem bleibt, z.B. wenn man irgendwo alleine unterwegs ist, abgeschieden von Tierärzten und Co, oder wenn das Tier sehr schwer verletzt ist und ein Transport irgendwohin nicht mehr möglich ist, weil einfach die Zeit nicht reicht und das Lebensende absehbar ist. Und manchmal muss man dann, auch wenn es traurig ist, das Tier sterben und die Natur ihren Lauf nehmen lassen.
Warst du schon einmal in einer Situation, einem Wildtier (nicht) geholfen zu haben? Was hast du gemacht?